Trockenfutter: Kaltgepresst oder extrudiert?

Im Bereich der Ernährung von Pflanzenfressern, sind kaltgepresste Futtermittel – also Futter in Pelletform – schon sehr lange bekannt. Vor einigen Jahren wurden dieses Herstellungsverfahren auch für Hunde- und Katzenfutter entdeckt und soll sehr viele Vorteile mit sich bringen. Die Hersteller von kaltgepressten Trockenfuttern werben unter anderem mit folgenden Aussagen:

  • Kaltgepresstes Trockenfutter enthält mehr natürliche Nährstoffe, da beim Herstellungsverfahren der Pellets nur geringe Temperaturen eingesetzt werden müssen
  • Kaltgepresstes Trockenfutter quillt im Magen nicht auf und ist somit viel schonender für die Verdauung und beugt damit auch Magendrehungen vor

    Schauen wir uns diese Aussagen aber doch einmal genauer an…

Kaltgepresstes Trockenfutter wird schonender hergestellt!

Die Hersteller von kaltgepresstem Trockenfutter werben vor allem mit der schonenden Herstellung ihres Futters.
Da im Vergleich zum Extruderfutter nur geringere Temperaturen für die Herstellung nötig seien, sollen viel mehr natürliche Nährstoffe im fertigen Pellet enthalten bleiben – was natürlich der Gesundheit unserer Tiere sehr zuträglich wäre.
Richtig ist unbestritten, dass zur Formung der Pellets geringere Temperaturen nötig sind, als bei der Formungen von extrudierten Futterkroketten. Der Herstellungsprozess eines Trockenfutters sollte aber nicht nur auf das "in Form bringen" beschränkt werden, sondern es muss der gesamte Produktionsablauf betrachtet werden.
Ursprung eines jeden Trockenfutters sind getrocknete Zutaten, egal ob diese letztendlich für ein extrudiertes oder kaltgepresstes Futter verwendet werden. Laut der EU-Verordnung Nr. 1774/2002 müssen Futtermittel, bei denen es sich nicht um Dosenfutter handelt, mit einer Kerntemperatur von mindestens 90° behandelt werden:

"Anderes verarbeitetes Heimtierfutter als Dosenfutter muss einer Hitzebehandlung bei einer Kerntemperatur von mindestens 90 °C unterzogen werden. Nach der Behandlung sind alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um eine Kontamination des Erzeugnisses zu vermeiden. Das Erzeugnis ist in neuen Verpackungen zu verpacken." (EU-Verordnung Nr. 1774/2002 Kapitel II, B, 3.)

Wenn also ein Hersteller von kaltgepresstem Futter angibt, dass sein Futter mit einer maximalen Temperatur von 50° Celsius oder gar nur 40° Celsius hergestellt wird, würde es sich um eine Missachtung von gesetzlichen Bestimmungen handeln.
Doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass diese Aussagen oft nur geschickt verpackt sind: die Angaben dieser niedrigen Temperaturen beziehen sich in der Regel nur auf den Vorgang der Pelletierung, als das in Form bringen des Futters. Welche Verarbeitung der Rohstoffe vorher stattgefunden hat, wird dabei nicht erwähnt.
Und genau diese Feinheiten werden vom Verbraucher oft übersehen und somit entsteht der Eindruck, das Futter wäre bei besonders niedrigen und schonenden Temperaturen hergestellt.


Kaltgepresstes Trockenfutter quillt nicht auf!

Ein weiterer Vorteil, den ein kaltgepresstes Futter mit sich bringen soll, ist die Tatsache, dass es im Magen angeblich nicht aufquillt. Diese Eigenschaft soll besonders schonend für die Verdauung sein und zudem den gefürchteten Magendrehungen vorbeugen.
Wie schon weiter oben beschrieben wurde, werden alle Trockenfutter aus getrockneten Zutaten hergestellt. Das bedeutet, den Zutaten wird durch verschiedene Verfahren das enthaltene Wasser entzogen.
Es ist ein chemisches Grundgesetz: alle Stoffe, denen Flüssigkeit entzogen wurde, können und werden Flüssigkeit auch wieder aufnehmen und entsprechend ihr Volumen vergrößern. Damit dies nicht geschieht, müssten die getrockneten Bestandteile entsprechend behandelt sein.


Der Versuch

Der nachfolgende kleine Versuch zeigt deutlich, wie sich ein kaltgepresstes Trockenfutter im Vergleich zu einem extrudierten Trockenfutter verhält, wenn Flüssigkeit hinzugefügt wird.

 

Für diesen Versuch wurden zwei handelsübliche Trockenfutter verwendet, die unter Hundehaltern als sehr hochwertig bezeichnet werden und sich im gehobenen Preisbereich befinden. Die Auswahl der Futtersorten erfolgte völlig zufällig, lediglich der Preis der beiden Futter sollte in etwa gleich sein.
Es ist davon auszugehen, dass sich andere Futtersorten sehr ähnlich verhalten, um hierzu eine genaue Aussage zu treffen, müsste der Versuch aber entsprechend erweitert durchgeführt werden.

Es wurden jeweils 40g Trockenfutter mit 200ml Wasser vermischt und in verschiedenen zeitlichen Abständen betrachtet.


Ausgangssituation

Je 40g kaltgepresstes (links) Trockenfutter und extrudiertes (rechts) Trockenfutter wurden in ein Glas mit identischem Fassungsvermögen gegeben.

Die Menge des kaltgepressten Futters ist optisch bei gleichem Gewicht deutlich geringer als die Menge des extrudierten Trockenfutters.


200ml Wasser hinzugefügt

Jedem Glas wurden 200ml Wasser zugefügt, während das kaltgepresste Futter am Boden liegen bleibt, treibt das Extruderfutter an die Oberfläche.

Das Wasser des kaltgepressten Futter wird sofort leicht trübe.
Auch an den Pellets ist sofort nach der Berühung mit Wasser eine kleine Veränderung erkennbar. Die extrudierten Kroketten im rechten Glas schwimmen dagegen unverändert an der Oberfläche.


Nach 5 Minuten

Nach 5 Minuten:
Das kaltgepresste Trockenfutter auf der linken Seite ist bereits zerfallen und kleine Futterbestandteile steigen an die Wasseroberfläche. Beim extrudierten Trockenfutter auf der rechten Seite ist hingegen noch nicht viel passiert, einige kleine Teile sinken auf den Boden ab und die Kroketten sind etwas heller als zuvor.


Nach 15 Minuten

Nach 15 Minuten hat sich das Volumen des kaltgepressten Futters schon etwas vergrößert. Beim extrudierten Futter ist immer noch nicht viel passiert, die Kroketten sind lediglich noch etwas heller geworden.


Nach 30 Minuten

Nach einer halben Stunde ist eine weitere Zunahme des Volumens vom kaltgepressten Trockenfutter deutlich erkennbar. Die Kroketten des extrudierten Futters haben sich bisher kaum vergrößert.


Nach 60 Minuten

Nach einer Stunde hat sich das kaltgepresste Futter in seinem Volumen sehr deutlich sichtbar vergrößert. Das Extruderfutter beginnt nun auch aufzuquellen.


Nach 90 Minuten

Nach insgesamt 90 Minuten hat das kaltgepresste Trockenfutter die Flüssigkeit zu größten Teilen aufgenommen, das Extruderfutter ist nun auch deutlich gequollen.


Nach 120 Minuten

Zwei Stunden später sind beide Futter weiter aufgequollen, wobei das kaltgepresste Futter nur noch sehr wenige Veränderung zeigt.


Nach 150 Minuten

Weitere 30 Minuten später zeigt sich beim kaltgepressten Futter kaum noch eine Veränderung, während das extrudierte Futter nun deutlich aufgequollen ist.

Beide Futter haben nun optisch etwa dasselbe Volumen.


Fazit

Nach diesem Versuch ist also deutlich erkennbar, dass auch kaltgepresstes Trockenfutter sehr wohl eine quellende Eigenschaft hat und somit auch im Magen eines Hunde oder einer Katze aufquillt. Dieses Ergebnis ist nicht wirklich überraschend, wenn einfache Naturgesetze nicht vergessen werden.
In beiden Gläsern befand sich nach einem Zeitraum von 2 Stunden und 30 Minuten noch etwa dieselbe Menge an Flüssigkeit. Beide Futter wurden in einen Kaffeefilter gegeben um abzutropfen. Während beim kaltgepressten Trockenfutter anschließend 100ml Wasser abgetropft waren, konnte beim extrudierten Futter 95ml gemessen werden. Auch das Gewicht der gequollenen Futter nach dem Abtropfen war sehr ähnlich: das kaltgepresste Futter brachte 153g auf die Waage, das extrudierte Futter 159g.

Wie der Test zeigt, haben Futter der unterschiedlichen Herstellungsarten ein völlig anderes Verhalten, wenn sie mit Flüssigkeit in Berührung kommen. Während das kaltgepresste Futter bereits innerhalb von Minuten zu Brei zerfällt und recht schnell aufquillt, beginnt das extrudierte Trockenfutter erst nach einiger Zeit aufzuquellen.